War watt? Erneuerbare wachsen, Kohleboom endet

Gastautor Portrait

Hubertus Grass

Kolumnist

Nach Studium, politischem Engagement und Berufseinstieg in Aachen zog es Hubertus Grass nach Sachsen. Beruflich war er tätig als Landesgeschäftsführer von Bündnis 90/Die Grünen, Prokurist der Unternehmensberatung Bridges und Leiter der Presse- und Öffentlichkeitsarbeit beim Deutschen Evangelischen Kirchentag in Dresden. 2011 hat er sich als Unternehmensberater in Dresden selbständig gemacht.

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31. März 2016
War watt? ist die energiepolitische Kolumne von Hubertus Grass. Hier geht es um die Energiewende. Wie bekommen wir die gut hin?

Das Öl hat den Namen Rockefeller zu dem gemacht, den wir kennen. Jetzt gehen das Öl und die Rockefellers getrennte Wege. Die Rockefeller-Stiftung verkauft ihre Anteile an Exxon und will sich auch aus den Beteiligungen am Kohle- und Teersandgeschäft zurück ziehen. Ein starkes Signal, dass die Zeiten der fossilen Energieträger selbst im Mutterland der Energieverschwendung, den USA, zu Ende gehen und Erneuerbare Energien auf dem Vormarsch sind. Das globale Zeitalter der Erneuerbaren hat begonnen. Die Zahlen sprechen eine eindeutige Sprache, denn die weltweiten Investitionen in Erneuerbare Energien sind 2015 wiederum um fünf Prozent gestiegen. Der neue Rekord liegt bei 286 Milliarden US-Dollar.

Der gemeinsame Bericht der Frankfurt School-UNEP Collaborating Centres und Bloomberg New Energy Finance an der Frankfurt School of Finance & Management über die Investitionen in die Global Trends-StudieErneuerbaren zeigt, dass 2015 mehr als doppelt so viel in neue Kraftwerke auf Basis Erneuerbarer Energien investiert wurde als in Kohle- und Gaskraftwerke zusammen (130 Mrd. US-Dollar). Besonders steil legten die Erneuerbaren in den Entwicklungs- und Schwellenländern zu, wo die Investitionen  in Erneuerbare Energien – vor allem Dank eines starken chinesischen Marktes – diejenigen in den Industriestaaten übertrafen. Ein Land aber fiel stark zurück: Gleich um 47 Prozent sanken die Investitionen in Deutschland, das jetzt beim Länderranking der Investitionen von Indien überholt wurde und auf Platz sechs zurück fiel. Der Exportweltmeister backt zuhause nur kleine erneuerbare Brötchen.

Vorne dabei ist die deutsche Industrie derzeit häufig auf einem Feld, auf dem es nicht viel zu gewinnen gibt: Beim Tricksen. Gestern deckte die Wirtschaftswoche auf, dass nicht nur Volkswagen, sondern auch Daimler und Audi trickreich versuchen, die Abgasvorschriften zu umgehen. Das oberste US-Umweltamt EPA und die kalifornische Luftreinhaltungsbehörde Carb untersuchen derzeit mögliche Rechtsverstöße der Automobilhersteller. Trotz zahlreicher Dementis aus den Öffentlichkeitsabteilungen der Autobauer ist das Thema Dieselgate auch für die anderen Pkw-Hersteller noch nicht vom Tisch.

Aufklärungswillen bei Diesel-Gate?
Ein Hauch von Bananenrepublik weht über Deutschland

Bislang findet die Aufklärung des vom VW-Konzern ausgelösten Umweltskandals allein in den USA statt. Von den zuständigen Behörden in Deutschland mit dem Bundesverkehrsministerium vorne dran hat man eher den Eindruck, dass es sich um Mittäter und nicht um Aufklärer handelte. Die Kommission, die für Verkehrsminister Dobrindt den Skandal untersucht, besteht aus Fachleuten des Ministeriums, einer nachgeordneten Behörde, dem Kraftfahrtbundesamt, und aus der Industrie nahestehenden Wissenschaftlern.
Wenn in einer Untersuchungskommission nicht eine einzige unabhängige Person mit arbeitet, nährt das den Verdacht, dass hier nicht im Sinne der Transparenz und der Wahrheitsfindung untersucht werden soll, sondern die Verschleierung der Zweck der Veranstaltung ist. Wer wie die Deutsche Umwelthilfe Aufklärungsarbeit leisten will, bekommt den Widerstand der Behörden zu spüren. Selbst als die DUH sich vor Gericht durchsetzte und Akteneinsicht erhielt, torpedierte das Kraftfahrtbundesamt diesen Versuch, Licht ins Dunkle zu bringen, und schwärzte die Akte. Was die Behörden unter Verkehrsminister Dobrindt in Sachen Dieselgate an Aufklärungsarbeit leisten, erinnert eher an eine Bananenrepublik denn an eine moderne Demokratie.

Organisationen, die mehr Klimaschutz fordern

Deutschland hat auf dem internationalen Umweltmarkt nach wie vor einen guten Stand, Umweltschutz made in Germany ist eine starke Marke. Offenbar will die Bundesregierung derzeit testen, wie belastbar dieser ausgezeichnete Ruf ist. Wie gut, dass man sich in Deutschland auf die Zivilgesellschaft wie schon in der Flüchtlingskrise so auch in der Umweltpolitik verlassen kann. Die Umweltorganisationen haben aufgepasst, dass der Jubel über das Ergebnis des Weltklimavertrages nicht mit der Untätigkeit der derzeitigen Umweltpolitik zusammen passt. Und so bekamen die zuständigen Minister dieser Tage Post mit einer Erinnerung, dem Pariser Abkommen nun auch Taten folgen zu lassen, denn so heißt es schon in der Bergpredigt: „An ihren Taten also könnt ihr die falschen Propheten erkennen.“


 

 

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