Fassadendämmung mit Styropor – laut Spiegel ein Werk des Bösen

Gastautor Portrait

Philipp Kloth

Redakteur Energieheld GmbH

Philipp Kloth arbeitet als Redakteur für die Energieheld GmbH (www.energieheld.de). Zusammen mit energieheld bringt er die Energiewende voran. Wie das geht? Durch die Revolutionierung der energetischen Gebäudesanierung im deutschsprachigen Raum. Dafür widmet er sich mit besonderem Eifer dem Thema Dämmung und klärt über Ängste, Irrtümer und Alternativen auf. Für ihn sind klare und verständliche Informationen wichtiger als überkomplexe Zusammenhänge. Nur dann wird aus einem abstrakten Begriff – konkretes Handeln.

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18. Dezember 2014

Erst kürzlich machte der Spiegel „Die Volksverdämmung“ zur Titelstory seines Printmagazins (49/2014). Im Fokus steht die Fassadendämmung mit Styropor, die von den Autoren zur Manifestation einer fehlgeleiteten Energiewende gemacht wird. Als Leitmotive werden hierbei die Amortisationszeit einer Dämmung die Umweltverträglichkeit und Verstrickungen zwischen Politik und namhaften Dämmstoffherstellern genutzt. Aber auch ästhetische, soziale und brandschutztechnische Aspekte kommen nicht zu kurz.

Alles in allem zeichnet der Spiegel ein sehr negatives Bild der Fassadendämmung – nutzt aber gleichzeitig nur schwache und teils irreführende Belege, um die geäußerten Behauptungen zu untermauern. Wie ernst sollte man das Ganze also nehmen? Im Interesse einer allgemeinen Aufklärung über die Fassadendämmung können die gröbsten Schnitzers des Spiegels jedenfalls nicht unkommentiert bleiben.

Fassadendämmung ist für alle Hausbesitzer verpflichtend?
Der Spiegel schreibt in einem der ersten Absätze: „Schon heute muss bei jeder Fassadenarbeit, die mehr als zehn Prozent der Fläche betrifft, gleich die ganze Wand mit Dämmplatten beklebt werden, andernfalls drohen bis zu 50.000 Euro Strafe.“

So ein Dämmzwang macht sich gar nicht mal so gut beim ohnehin schon angeschlagenen Image der Fassadendämmung. Aber haben die Autoren da vielleicht zu oberflächlich recherchiert? Die Energieeinsparverordnung, die für jeden Bürger frei einsehbar ist, schreibt diesbezüglich nur vor dass die Fassade einen maximalen Wärmedurchgangskoeffizienten von 0,24 W/(m²K) besitzen muss, wenn eine folgenden Bedingungen bei mehr als 10 Prozent der Fassadenfläche erfüllt ist:

Auf der Außenseite werden Bekleidungen in Form von Platten oder plattenartigen Bauteilen oder Verschalungen sowie Mauerwerks-Vorsatzschalen angebracht. Der Außenputz wird erneuert.

DämmenMan kann also gut und gerne behaupten, dass im Spiegel zu Gunsten der Dramatik etwas übertrieben wurde. Nur weil man die Fassade streichen möchte, muss nicht gleich gedämmt werden. Hätte man objektiv informieren wollen, wäre folgende „Randinfo“ sicherlich auch ganz hilfreich gewesen: Bei der Anbringung einer Fassadendämmung entsteht ein nennenswerter Teil der Kosten durch die grundsätzliche Erneuerung des Außenputzes (etwa 50 Euro pro Quadratmeter). Im selben Arbeitsgang also auch noch eine Wärmedämmung (zusätzliche 70 Euro pro Quadratmeter) anzubringen, ist aus gutem Grund vorgeschrieben. Die Fassadendämmung stellt im ersten Moment definitiv eine finanzielle Mehrbelastung dar. Das kann und sollte nicht schöngeredet werden. Eine reine Erneuerung des Außenputzes würde aber im Vergleich stattliche 8.000 Euro bis 15.000 Euro kosten und der Nutzen wäre nur optischer Natur.
Und mal ganz generell: Was ist überhaupt mit der Kerndämmung? Die ist deutlich einfacher und günstiger (etwa 16 Euro – 30 Euro pro Quadratmeter) zu realisieren. Aber damit kann der Spiegel natürlich keine Leser schockieren.

Die Fassadendämmung lohnt sich fast nie?
Interessanter Weise gibt auch der Spiegel zu, dass mit einer Fassadendämmung im Idealfall bis zu 30 Prozent des häuslichen Wärmeverlustes unterbunden werden können. Weil das alleine aber gar nicht so erschreckend klingt, setzt man die durchschnittliche Amortisationszeit auf gut 50 Jahre fest. Natürlich ohne Energiepreissteigerungen zu berücksichtigen, weil diese laut Spiegel-Redaktion scheinbar als unwahrscheinlich angenommen werden müssen. Komisch nur, wenn man dann andere Artikel findet, die expliziert den Energiekostenanstieg anprangern.

Der Spiegel stützt sich auf eine sehr pessimistische Analyse von „Haus & Grund“, nach der sich die Fassadendämmung bei einer Energiepreissteigerung von 5 Prozent erst nach 26 Jahren amortisiert. Auch wenn man aufgrund von Erfahrungswerten einen geringeren Zeitraum annehmen kann, so wären selbst die genannten 26 Jahre vollkommen unproblematisch. Eine Fassadendämmung hält beachtlich länger und spart stetig Heizkosten ein.

Fazit – Polemik ist keine verlässliche Grundlage
Natürlich haben wir dem Leser hier eine direkte Gegenmeinung zum Spiegel-Artikel „Die Volksverdämmung“ präsentiert. Der Laie kann nun auf den ersten Blick nicht einschätzen, wem er Glauben schenken sollte. Wollen wir hier bloß die Fassadendämmung anpreisen oder will der Spiegel mit reißerischen Themen einen möglichst hohen Abverkauf ihrer Auflage erreichen?

Man kann an dieser Stelle nur jedem empfehlen, sich kritisch mit allen Behauptungen über Sinn und Unsinn energetischer Sanierungsmaßnahmen auseinanderzusetzen, um sich ein eigenes, hoffentlich positives Bild über die Energiewende machen zu können. Das wäre wünschenswert.

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  1. David Bruchmann

    vor 9 Jahren

    Styropor als großflächige Fassadendämmung ist meiner Ansicht nach ein absoluter Albtraum.
    Während die verbesserten Dämmwerte absolut positiv sind, werden mit dem Material Styropor unglaubliche Mengen Kunststoff in die Umwelt gebracht, da von einem dauerhaften Verbleiben an den Hauswänden wohl kaum ausgegangen werden kann.
    Ein absolut sauberes Entfernen oder Austauschen halte ich zwar meistens für möglich aber Unrealistisch.
    Während wir heute Nachrichten über verendende Tiere in Zoos und Natur lesen können, die an Plastiktüten im Magen-Darmtrackt gestorben sind sind es dann in einigen Jahren Styroporreste.

    Als zugegebenermaßen teurere Lösung schlage ich zweischaliges Mauerwerk vor, also eine zweite Dämmschicht aus wärmedämmenden Hohlblocksteinen. Dämmung ist besonders bei Häusern mit schweren Massivsteinen wie Kalkstein sinnvoll, weil der Wärmedurchgangswert dort recht hoch ist, der Dämmwert also niedrig.

  2. Textor

    vor 9 Jahren

    Als selbst. Zimmermeister vertrete ich folgende These:

    ohne Eigenarbeit ist die Fasadendämmung kaum rentabel ! Bestürzt über soviel Klagelieder stelle ich fest, das diese Gesellschaft gerne redet, aber nicht bereit ist, ihrem Handwerker zu Hand zu gehen.
    Selbst Ältere oder kranke Hausbesitzer sollten Verwandte haben, die mithellfen sollten .
    Der Facharbeiter wird mit ~ 40,-€/Stunde kalkuliert - 320,-€ am Tag, 1600,-€ die Woche, nur ein einziger Mensch .
    Mein Apell : "weniger Schwätze mehr Bucke " meint jammern ist einfach, mithelfen macht froh !
    Also Handwerker fragen - kostet nichts !

  3. Dominik Pöschel

    vor 9 Jahren

    Ich wohne ja seit diesem Jahr im neuen Haus!!!! Da ist suuuuper gedämmt von den Werten her fast ein Passivhaus. Gerade gestern Abend hat meine doch sonst sehr oft frierende Frau gesagt ist das nicht schön mitten im Winter den Heizkörper gerademal auf Stufe 3 gedreht ohne Decke auf der Couch sitzen zu können. Das ist Mega gut. Die Umwelt freut sich und wir uns über geringe Heizkosten!!!!
    Das einzige Risiko besteht wenn unser Haus mal brennen sollte, ich habe schon eine Reportage gesehen da war die Dämmnung nimmer zu löschen. Wir haben auch noch Solarthermie!!!!

    Ich kann dass nur weiterempfehlen!!!

  4. Windmüller

    vor 9 Jahren

    Mir ist es eigentlich ein Rätsel, warum derart gegen Dämmung polemisiert wird. Ich habe mein Haus dämmen lassen, und würde es immer wieder tun. Der Punkt ist ja, dass nicht nur Energie gespart wird, das Raumklima wird auch besser. In ungedämmten Häusern wird geheizt, und die Wärme verflüchtigt sich. In einem gedämmten Haus nehmen die Wände die Wärme auf, und geben sie langsam wieder ab. Das ist angenehmer. Zudem haben wir Schlafzimmer nach Süden raus. Da hält man im Hochsommer die Hitze raus. Ich benötige im Jahr noch 180 m³ Gas, und 5 Raummeter Fichte. Zudem verfügt das Haus über solare Heizungsunterstützung. Damit lässt sich leben.

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