Umfrage: Werden die Kosten der Energiewende gerecht verteilt?

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Redaktion

Stiftung Energie & Klimaschutz
13. Februar 2017

Wer mag sie zählen? Die Anzahl der Beiträge zu den Kosten der Energiewende lassen sich kaum mehr abschätzen. Zwischen den verschiedenen Standpunkten scheint keine Vermittlung möglich. Während die einen dazu neigen, die Kostenfrage mit dem Hinweis auf die generelle Notwendigkeit und Bedrohung des Klimawandels klein zu reden, wird sie von anderen genutzt, um einen wirtschaftlichen Vorteil zu erringen. Warum dann noch eine Umfrage über die Kosten der Energiewende und ihre gerechte Verteilung?

Die Fragen nach den Kosten der Energiewende und ihrer gerechten Verteilung wird 2017, das ist unsere Prognose, aktueller denn je. Das liegt zum einen an den Bundestagswahlen. Die Bürger finanziell zu entlasten, ist immer ein wohlfeiles Versprechen. Zum anderen wird in diesem Jahr auch über die konkrete Umsetzung der Pariser Klimaverträge von 2015 gestritten werden (müssen). Der Guardian zitiert aus einer Studie, dass Europa alle 300 Kohlekraftwerke bis 2030 still legen müsse. Anders könne man die Einhaltung der Pariser Klimaverträge nicht erreichen. Die politische Auseinandersetzung über alle Fragen der Energiewende und den Klimaschutz wird an Brisanz zunehmen. Paris umzusetzen, bedeutet eine schnellere Reduzierung der Treibhausgasemissionen. Eine schnellere Energiewende funktioniert nur mit zusätzlichen Mitteln, denn weder wird die Abschaltung der Kohlekraftwerke ohne Kompensationen noch der nötige Zubau an Erneuerbaren ohne Anreize  möglich sein.

Schauen wir uns aber zunächst den Status quo an:Grafik des BDEW: Strompreise Haushalt. Sind die Kosten der Energiewende gerecht verteilt?

Der Strompreis für die Haushalte ist in den letzten Jahren überproportional gestiegen. Von einem Marktpreis lässt sich bei den zahlreichen Aufschläge (§ 19 StromNEV-Umlage, KWK-Aufschlag, EEG-Umlage, Konzessionsabgabe, Mehrwertsteuer und Offshore-Haftungsumlage) kaum sprechen. Zumal auch das Netzentgelt staatlich reguliert wird. Nur ein Fünftel des Endpreises, sechs Cent, entsteht unter den Bedingungen des Wettbewerbs. Am Ende zahlen die privaten Kunden mit fast 30 Cent mehr als alle anderen EU-Bürger, ausgenommen die Dänen.  Ein durchschnittlicher Haushalt mit einem Verbrauch von 3.500 kWh muss ca. 1.000 Euro/Jahr für Strom ausgeben. 84 Euro pro Monat bedeuten für Haushalte, in den die finanzielle Lage angespannt ist, eine enorme Belastung.

Privathaushalte zahlen überproportionalen Anteil an der EEG-Umlage

In den letzten Jahren hat besonders die EEG-Umlage, derzeit 6,88 Cent/kWh, den Strompreis nach oben getrieben. Dass parallel zur deren Anstieg die Kosten für den Bezug der Heizenergie sanken, hat die Lage entspannt. Fürs Heizen müssen Verbraucher doppelt so viel ausgeben wie für den Strom. Die gesamten Energiekosten, dazu zählen auch Benzin und Diesel, sind seit 2010 eher gesunken. Was würde passieren, wenn sich diese Entwicklung umkehren würde? Wie wirkt eine weitere Belastung durch die Kosten der Energiewende, wenn gleichzeitig die Preise für Gas, Benzin und Diesel steigen? Bei den Wohnungsmieten kennen die Preise ohnehin nur eine Richtung. Käme die Energiewende bei einer solchen Entwicklung aus sozialem Gründen unter die Räder?

Ein Kritikpunkt an der Finanzierung der EEG-Umlage ist deren ungerechte Verteilung. Ein Teil der Industrie ist von der EEG-Umlage ganz oder teilweise befreit. Da, so die Kritik, werden manche doppelt beschenkt, denn durch den geringen Bezugspreis an der Strombörse haben die Industriebetriebe ohnehin schon einen Vorteil. Was ist dran an dieser Debatte?
Das Geld, das der Industrie bei der EEG-Umlage erlassen wird, müssen die anderen Verbrauchsgruppen mitaufbringen. Vor allem die privaten Haushalte zahlen mehr. Nur ein Viertel vom gesamten Stromverbrauch entfällt auf die privaten Verbraucher. Von der EEG-Umlage in Höhe von 24, 2 Mrd. Euro zahlen sie einen Anteil von 36 Prozent. Ist das gerecht?

Industrie ist nicht gleich Industrie

Nachstehende Grafik des BDEW veranschaulicht, dass die Industrie von den Kosten der Energiewende auch nicht verschont blieb. Der günstige Strombezugspreis konnte bei weitem nicht die steigenden Umlagen kompensieren. Und Industrie ist nicht gleich Industrie. 96 Prozent der Industriebetriebe zahlen die volle EEG-Umlage nach § 64 EEG. Gerechnet über die Strommengen sind 16% des Industriestroms befreit, bei 41 Prozent des Strombezugs fällt eine reduzierte Umlage an.

Grafik des BDEW: Strompreise Industrie. Sind die Kosten der Energiewende gerecht verteilt?

Dabei gibt sich der Staat, wie diese Tabelle zeigt, alle Mühen, auch bei der Entlastung gerechte und damit angepasste Lösungen zu finden:

Entlastungstatbestand Entlastungsstufen Kriterien
Stromsteuer:
Ermäßigung und Spitzenausgleich
3 –  Wirtschaftssektor
–  Personalstruktur
Konzessionsabgabe 2 – Vertragsart
EEG: Besondere Ausgleichsregelung 5 –  Stromverbrauch
–  Wirtschaftssektor
– Stromkostenanteil an der eigenen Bruttowertschöpfung
KWK-G-Umlage 2 –  Stromverbrauch
–  Stromkostenanteil am Umsatz
Individuelle Netzentgelte 3 –  Stromverbrauch
–  Benutzungsstundenzahl
§-19-Umlage 5 –  Stromverbrauch
–  Wirtschaftssektor
–  Stromkostenanteil am Umsatz
Offshore-Haftungsumlage 3 –  Stromverbrauch
–  Stromkostenanteil am Umsatz

Schaffen komplizierte Regelungen Gerechtigkeit? Oder zeugen sie nur davon, dass der Staat sich Mühe gibt und ihm wie uns dabei die Komplexität über den Kopf wächst? Stimmen Sie nicht nur bei der Umfrage mit ab, sondern schreiben bitte auch in den Kommentaren ihre Meinung zu unserer Umfrage „Werden die Kosten der Energiewende gerecht verteilt?“

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