Logistik: Das Nutzfahrzeug auf dem Weg zur digitalen Transformation

Gastautor Portrait

Matthias Wissmann

Präsident des Verbandes der Automobilindustrie

Matthias Wissmann, Jahrgang 1949, absolvierte ein Studium der Rechtswissenschaften, Volkswirtschaft und Politik in Tübingen und Bonn und schloss mit dem Ersten und Zweiten juristischen Staatsexamen ab. Von 1993 bis 1998 war er Bundesminister für Verkehr, danach tätig als Rechtsanwalt in der internationalen Sozietät Wilmer Cutler Pickering Hale & Dorr LLP. Seit Juni 2007 ist er Präsident des Verbandes der Automobilindustrie (VDA) sowie seit November 2007 Vizepräsident des Bundesverbandes der Deutschen Industrie (BDI).

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28. September 2016
IAA 2016

Seit 2007 leben weltweit mehr Menschen in Städten als auf dem Land. In Deutschland sind schon heute drei von vier Einwohnern Städter. Auch in den nächsten Jahren werden die Bevölkerungszahlen in vielen Ballungsräumen weiter steigen. Das stellt die Städte vor Herausforderungen etwa bei der Gestaltung von urbaner Mobilität und urbaner Logistik. Wie kann dem Mobilitätsbedarf der Menschen in der Stadt entsprochen werden? Wie lassen sich steigende Warentransporte in der Stadt noch effizienter organisieren? Vor allem durch den Online-Handel hat das Sendevolumen bei den Kurier-, Express- und Paketdiensten in den vergangenen 15 Jahren um 75 Prozent zugenommen.

Welche Instrumente sind also geeignet, um gleichzeitig die Lebensqualität der Menschen zu steigern, die Luftqualitäts- und Lärmschutzziele zu erreichen und die Verkehrssicherheit weiter zu erhöhen?

Investitionen in die Digitalisierung

Für die Beantwortung dieser Fragen spielen vor allem Investitionen in die Digitalisierung eine große Rolle: in den Austausch von transportvorauseilenden und -begleitenden Daten sowie in die Weiterentwicklung von Fahrzeug- und Antriebstechnologien im Verbund mit vernetzten Assistenzsystemen. Nicht nur das Nutzfahrzeug, sondern der gesamte Logistik- und Transportbereich befinden sich auf dem Weg zur digitalen Transformation.

Dass die deutschen Hersteller und Zulieferer diese Herausforderung längst angenommen haben, sehen wir gerade beim Busverkehr in unseren Städten. Nach dem Pkw ist der Bus nicht nur das zweitwichtigste Beförderungsmittel im Personenverkehr, sondern mit rund der Hälfte aller Fahrten im ÖPNV sogar die Nummer eins. Der elektrische Antrieb ist dabei oftmals schon Gegenwart. Bei Verkehrsunternehmen gibt es ein verstärktes Interesse, Busse mit Elektroantrieb einzusetzen. Denn Elektroantriebe sind leise, lokal emissionsfrei und leisten somit einen wichtigen Beitrag für bessere Luft in den Städten.

Lkw mit E-Antrieb im Verteilerverkehr

Aber nicht nur E-Busse, auch Transporter mit alternativen Antrieben sind vermehrt in Städten unterwegs. Und die Entwicklung geht weiter: Künftig werden selbst schwere Lkw mit E-Antrieb im Verteilerverkehr eingesetzt. Vor kurzem hat ein großer deutscher Nutzfahrzeughersteller angekündigt, Anfang des kommenden Jahrzehnts mit dem neuen Urban eTruck, einem 26-Tonner, in Serie zu gehen. Das Modell soll bis zu 200 km weit pro Akkuladung fahren können – ausreichend für eine typische Tagestour im Verteilerverkehr.

Vernetzung das entscheidende Stichwort für die Logistik

Auch auf der IAA 2016 wird das Thema Logistik von besonderer Bedeutung sein.Weitere Innovationen folgen: Auf der 66. IAA Nutzfahrzeuge, die vom 22. bis 29. September in Hannover stattfindet, werden zahlreiche Weltpremieren zu sehen sein. Die Palette ist groß, sie reicht von Innovationen zur Optimierung des klassischen Antriebs über Leichtbau bis hin zur Digitalisierung im Nutzfahrzeug. Vor allem ist Vernetzung das entscheidende Stichwort für moderne Nutzfahrzeuge. Deswegen haben wir – als Veranstalter dieser weltweit wichtigsten Leitmesse für Transport, Logistik und Mobilität –, das Konzept der New Mobility World, das bereits 2015 auf der IAA Pkw Premiere feierte, für die IAA Nutzfahrzeuge 2016 zur New Mobility World logistics konsequent weiterentwickelt. Mit dabei: Innovationen zum hochautomatisiertes Fahren und Platooning, die ebenfalls eine große Rolle für die Zukunft spielen werden.

Platooning in einigen Jahren Alltagsbild

Auf unseren Autobahnen muss in einigen Jahren das Platooning zum Alltagsbild gehören. Hierbei vernetzen sich Lkw so, dass sie gleichmäßig und zügig in geringem Abstand hintereinander fahren können. Bei der „European Truck Platooning Challenge“, der automatisierten Lkw-Sternfahrt, haben Hersteller jüngst bewiesen, dass sie dafür bestens gerüstet sind. Bis zu 10 Prozent Kraftstoff und CO2-Emissionen lassen sich so einsparen. Auch die Logistikkette wird effizienter: Der Truck der Zukunft wird stets mit den Dispositionen der verschiedenen Auftraggeber vernetzt sein, aber auch mit den Be- und Entladestationen. Leerfahrten lassen sich künftig leichter vermeiden. Es steckt also großes Potenzial in der Vernetzung: Sie bietet die Chance, Transportaufgaben noch effizienter zu lösen – und gleichzeitig die Emissionen weiter zu senken. Eine echte Win-win-Situation also, die wir nutzen müssen.

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