4. Monitoring-Bericht zur Energiewende: Bundesregierung und Experten sind uneins

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Christiane Schatzmann

EnBW Energie Baden-Württemberg AG

Christiane Schatzmann-Felden studierte Politikwissenschaften in Bonn und absolvierte danach ein Zeitungsvolontariat. Anschließend arbeitete sie u.a. als Pressereferentin im Bundesministerium für Verkehr und als wissenschaftliche Mitarbeiterin im Bundestag. Seit 2001 kümmert sie sich in der Berliner Hauptstadtrepräsentanz der EnBW als Projektleiterin um Kommunikationsformen rund um die Energiepolitik.

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02. Dezember 2015
Monitoring-Bericht Energiewende

Das Bundeskabinett hat vergangenen Woche den 4. Monitoring-Bericht „Energie der Zukunft“ beschlossen. Der Monitoring-Prozess der Bundesregierung begleitet die Entwicklung der Energiewende fortlaufend: Wo steht die Energiewende? Welche beschlossenen Maßnahmen wurden umgesetzt? Welche Wirkung entfalten sie? Und werden wir unsere Ziele erreichen – oder müssen wir nachsteuern?

Der Bericht kommt zu dem Ergebnis, dass die erneuerbaren Energien Deutschlands wichtigste Stromquelle sind. Der Anteil erneuerbarer Energien am Stromverbrauch habe im ersten Halbjahr 2015 erstmals über 30 Prozent gelegen. Beim Ausbau der erneuerbaren Energien im Stromsektor würde Deutschland also auf Zielkurs liegen.

Weitere zentrale Botschaften des Berichts lauten:

  • Der Energieverbrauch sei im Jahr 2014 um 4,7 Prozent gegenüber dem Jahr 2013 zurückgegangen. Die relativ milde Witterung des Jahres 2014 habe daran einen bedeutenden Anteil. Der Energieverbrauch erreichte mit 13.131 Petajoule den niedrigsten Stand seit 1990.
  • Zum ersten Mal seit über zehn Jahren seien zum Anfang des Jahres 2015 die Strompreise für Haushaltskunden gesunken. Für Industrie- und Gewerbekunden, die nicht unter Entlastungsregelungen fallen würden, seien die Strompreise im Jahr 2014 nahezu konstant geblieben. Der Börsenstrompreis sei 2014 um weitere 10 Prozent zurückgegangen und auch in 2015 weiter gefallen.
  • Im Jahr 2014 habe Deutschland fossile Energieträger im Wert von rund 81 Milliarden Euro eingeführt. 2013 waren es noch rund 95 Milliarden Euro. Zu den gesunkenen Importausgaben hätten vor allem niedrigere Rohstoffpreise aber auch geringere Importmengen beigetragen.
  • Die durchschnittliche Steigerung der Energieeffizienz zwischen 2008 und 2014 mit 1,6 Prozent unter dem im Energiekonzept der Bundesregierung vorgesehenen Wert von 2,1 Prozent lag. Hier bestehe weiterer Handlungsbedarf. Die Bundesregierung habe darum mit dem am 3. Dezember 2014 beschlossenen Nationalen Aktionsplan Energieeffizienz die Anstrengungen zur Effizienzsteigerung gebündelt und verstärkt.
  • Der Endenergieverbrauch im Verkehr war 2014 rund 1,7 Prozent höher als 2005. Um das Ziel einer Senkung des Endenergieverbrauchs um 10 Prozent gegenüber 2005 zu erreichen, seien weitere Anstrengungen erforderlich.

4.monitoring-bericht1Die Bundesregierung zeigte sich daraufhin zufrieden: Diese Zahlen würden zeigen, dass die Energiewende vorankomme. Wichtige Indikatoren wie der Ausbau der erneuerbaren Energien würden sich im Einklang mit den Zielen der Bundesregierung entwickeln.

Begleitet werden die Monitoring-Berichte jeweils von Stellungnahmen einer Expertenkommission, die die Ergebnisse bewertet und einordnet. Die Stellungnahme fällt diesmal allerdings nicht positiv aus: Die Expertenkommission kommt zu dem Ergebnis, dass „die Energiewende zwar vorankomme, wenn auch insgesamt nicht so schnell wie ursprünglich geplant und erforderlich“. Während in einzelnen Bereichen wie der erneuerbaren Elektrizitätserzeugung die Ziele für das Jahr 2020 erreicht oder übererfüllt werden dürften, würden die bisherigen Fortschritte in anderen Bereichen noch nicht ausreichen. Letzteres würde namentlich für das Ziel, die Treibhausgasemissionen bis 2020 um 40 % zu reduzieren gelten. Im Verkehr laufe die Entwicklung sogar in die falsche Richtung.

Stellungnahme_MonitoringberichtIm vergangenen Jahr habe die Bundesregierung einen umfangreichen Katalog von Gesetzesinitiativen und Maßnahmen auf den Weg gebracht, um die drohende Verfehlung des Treibhausgasminderungsziels zu vermeiden. Allerdings sei es bisher nicht gelungen, parlamentarische Mehrheiten gerade für vermutlich besonders wirksame Instrumente zu erzielen, wie etwa die steuerliche Förderung der energetischen Gebäudesanierung. Die Defizite lägen jetzt vor allem in der zeitnahen und wirkungsstarken Umsetzung der Beschlüsse. Dies würde beispielsweise für den Stromnetzausbau und die Energieeffizienz gelten.

Aus Sicht der unabhängigen Expertenkommission sollten mögliche Verfehlungen einzelner Ziele des Energiekonzepts aber nicht allein der Politik zugeschrieben werden. Neben wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Konflikten würden auch exogene Ursachen wie beispielsweise die niedrigen Weltmarktpreise für fossile Energien und CO2-Emissionsrechte das Erreichen der Energiewendeziele erschweren. Dies biete jedoch keinen Grund dafür, die Ziele pauschal als zu ehrgeizig einzustufen. Stattdessen sollte das Energiewende-Monitoring sowohl die Ursachen für mögliche Zielverfehlungen als auch die Maßnahmen und deren Beiträge zur Zielerreichung realistisch analysieren, um bei Bedarf und mit Blick auf eine sichere, wirtschaftliche und umweltverträgliche Energieversorgung „nachsteuern“ zu können.

Den gesamten Monitoring-Bericht sowie die Stellungnahme der Expertenkommission können Sie natürlich auch in unserer Energiebibliothek herunterladen.

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