Studie „Klimaschutz durch Sektorenkopplung“

Gastautor Portrait

Bernhard Kaltefleiter

VNG AG

Bernhard Kaltefleiter verantwortet seit 2001 zunächst als Leiter den Themenbereich der Energiepolitik und seit 2004 als Direktor/Leiter die Unternehmenskommunikation der VNG – Verbundnetz Gas Aktiengesellschaft in Leipzig. Nach absolviertem zweiten juristischen Staatsexamen in Erlangen war er zwischen 1995 und 2000 im Sächsischen Staatsministerium für Wirtschaft und Arbeit als Referent für Bergbau in Dresden, später als Referent für Energie tätig. Der gebürtige Mainzer ist Mitglied der Lenkungsausschüsse Kommunikation sowie Umwelt- und Energiepolitik des BDEW und Vorsitzender des Deutsch-Russischen Rohstoff-Forum e. V.

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11. Mai 2017

Heute ist unbestritten, dass man zum Gelingen der Energiewende nicht nur auf den Strombereich, sondern auch auf den Wärmemarkt und den Mobilitätsbereich blicken muss. Die Nutzbarmachung erneuerbaren Stroms in der Wärmeerzeugung und als Treibstoff wird unter dem Stichwort Sektorenkopplung diskutiert. Für die effektive Verknüpfung von Strom und Wärme stehen in der energiepolitischen Debatte zwei Szenarien im Fokus: die Vollelektrifizierung des Wärmemarkts, insbesondere durch die Nutzung von Wärmepumpen, und Power-to-Gas – die Umwandlung von Strom aus erneuerbaren Energien in grünes Gas und die anschließende Nutzung als Heizenergie.

Sektorenkopplung durch Power-to-Gas

Die VNG hat gemeinsam mit weiteren Unternehmen der Gasbranche eine Studie unterstützt, die die Kopplung der Sektoren Strom und Wärme untersucht. Die Studie beschäftigt sich damit, wie unterschiedliche Optionen der Sektorenkopplung dazu beitragen können, die Klimaschutzziele der Bundesregierung – also 80 bis 95 Prozent weniger CO2 bis 2050 im Vergleich zu 1990 – zu erreichen. Untersucht wurde zudem, welche Rolle der Energieträger Erdgas und die Gasinfrastruktur dabei spielen können.

Die Lösung erscheint zunächst einleuchtend: Gelingt es, wie politisch angestrebt, die Stromerzeugung gänzlich auf erneuerbare Energien umzustellen, wären damit auch alle elektrisch betriebenen Anwendungen emissionsfrei. Doch so einfach ist es nicht: Dieser Lösungsansatz würde einen enormen Strombedarf hervorrufen und damit auch den kostenintensiven Ausbau der Strominfrastruktur zur Folge haben.

Die Studie zeigt, dass eine weitgehende Dekarbonisierung des Wärmemarkts nicht nur durch eine Vollelektrifizierung, sondern auch durch Power-to-Gas erreicht werden kann. Bei Power-to-Gas handelt sich um einen chemischen Prozess, in dem erneuerbarer Strom in synthetisches Gas umgewandelt wird. Das so hergestellte Gas kann in das öffentliche Gasnetz eingespeist, in Gasspeichern zwischengespeichert, oder im Verkehrsbereich als Treibstoff genutzt werden. So kann erneuerbarer Strom durch Power-to-Gas bedarfsgerecht im Wärmemarkt, aber auch im Verkehrssektor eingesetzt werden.

Die Sektorenkopplung über Power-to-Gas-Technologien hat einen entscheidenden Vorteil: Sie ist kosteneffizienter. Im Vergleich zu einer Vollelektrifizierung, die den Aufbau einer umfangreichen Strominfrastruktur erfordert, kann unsere bereits sehr gut ausgebaute Gasinfrastruktur für Power-to-Gas genutzt werden, um synthetische Gase zu speichern und zu transportieren.

Erdgas und Gasinfrastruktur entscheidend für Dekarbonisierung

Die zukünftige Bedeutung von Erdgas und der Gasinfrastruktur stellt die Studie ebenfalls heraus: Erdgas ist bis mindestens 2040 die kosteneffizienteste CO2-Vermeidungsoption in der Wärmeerzeugung und bis 2050 und darüber hinaus ein kosteneffizienter CO2-armer Energieträger für Back-up-Kraftwerke.

Die Nutzbarmachung erneuerbaren Stroms in der Wärmeerzeugung und als Treibstoff wird unter dem Stichwort Sektorenkopplung diskutiert.
Stellt große Transport- und Speicherkapazitäten zur Verfügung: das Gasnetz.

Besonders die bereits bestens ausgebaute Gasinfrastruktur wird zukünftig eine noch größere Rolle spielen. Beispielsweise verfügt das Gasnetz mit 130 Terrawattstunden im Vergleich zum Stromnetz heute schon über eine riesige Transport- und Speicherkapazität. Damit könnte das deutsche Gasnetz die komplette Energiemenge aller deutschen Windkraftanlagen und Photovoltaikanlagen speichern. Addiert man die Kapazitäten der deutschen Gasspeicher von 230 Terrawattstunden hinzu, wird die Größe des tatsächlichen Speicherpotenzials für erneuerbare Energien sichtbar.

Auch der Bedarf an umfangreichen Back-up-Kraftwerken wird über die Nutzung der Speicherpotenziale der vorhandenen Gasinfrastruktur deutlich reduziert. Damit können die volkswirtschaftlichen Kosten der Dekarbonisierung erheblich gesenkt werden.

Die Studie zeigt, dass wir verstärkt auf die Sektorenkopplung über Power-to-Gas setzen sollten, um die Klimaschutzziele kosteneffizient zu erreichen.


Die Analyse „Klimaschutz durch Sektorenkopplung“ können Sie in unserer Energiebibliothek herunterladen.

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