Batterien für die Elektromobilität – ein Überblick

Gastautor Portrait

Hubertus Grass

Kolumnist

Nach Studium, politischem Engagement und Berufseinstieg in Aachen zog es Hubertus Grass nach Sachsen. Beruflich war er tätig als Landesgeschäftsführer von Bündnis 90/Die Grünen, Prokurist der Unternehmensberatung Bridges und Leiter der Presse- und Öffentlichkeitsarbeit beim Deutschen Evangelischen Kirchentag in Dresden. 2011 hat er sich als Unternehmensberater in Dresden selbständig gemacht.

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02. November 2017
Batterie von Kreisel

„In fünf bis zehn Jahren werden wir so weit sein, dass Elektroautos günstiger sind als Benziner… Die Vorstellung, dass wir viele Ladestationen auf den Straßen brauchen, ist falsch… Sobald die Batterien für eine ganztägige Fahrt reichen, braucht es keine Ladestationen auf der Autobahn. Man müsste das Auto einfach zuhause aufladen, während man schläft…“  Der Mann, der das sagt, versteht etwas von Elektroautos. Martin Eberhard war Mitgründer von Tesla Motors und bis 2007 Vorstandsvorsitzender des Unternehmens. 2017 gründete er inEVit. Übrigens mit Niederlassung in Baden-Württemberg.

An der Reichweite der Akkus, ihrem Preis, dem Gewicht, der Lebensdauer und ihrer Sicherheit steht und fällt die Attraktivität der Elektroautos.Wer forscht und arbeitet derzeit an den Batterien der Zukunft? Wir haben recherchiert. Hier unser Überblick:

Die Schrittmacher aus Österreich

Im Oktober eröffnet wurde das High-Tech Forschungs- und Entwicklungszentrum der Gebrüder Kreisel. Die innovativen Ingenieure aus dem Mühlkreis haben neben der Entwicklung eine automatisierte Fertigungslinie für Kreisel Electric Batteriespeicher aufgebaut. Kreisels sind im internationalen Geschäft tätig. Strategischer Partner ist die US-Gesellschaft Clean Machine Inc. Die Batterien von Kreisel electric überzeugen durch eine hohe Leistungsdichte und geringes Gewicht und Volumen. Man darf gespannt sein, wie die Technologie-Schmiede die Entwicklung weiter voran treibt. Die Produktion großer Serien, die österreichische Giga-Fab, steht derzeit nicht auf dem Plan der Unternehmensentwicklung.

Batterien aus Österreich von Kreisel electric
Das neue Forschungs- und Produktionszentrum der Firme Kreisel electric wurde im Oktober eröffnet.

Vier Milliarden Euro Investition für Batteriefabrik in Schweden

Europas größte Lithium-Ionen-Fabrik wird im Nordosten von Schweden entstehen. Das Start-up (!) Northvolt AB errichtet in den schwedischen Städten Skellefteå und Västerås eine Batteriefabrik sowie ein Forschungs- und Entwicklungszentrum. Angepeilt ist eine Größenordnung von 2.000 bis 2.500 Mitarbeiter, die die „grünsten“ Batterien weltweit produziert sollen. Im Blickpunkt dabei der CO2-Fußabdruck sowie die Recycling-Fähigkeit der Lithium-Ionen-Akkus.

Baubeginn soll in der zweiten Jahreshälfte 2018 sein. Im Endausbau wird eine Produktionskapazität von 23 Mio. kWh entstehen. Das reicht nahe an die Gigafactory von Tesla in Nevada heran (geplant 35 Mio. kWh jährlich). Apropos Tesla: Geführt wird das Unternehmen von Peter Carlsson, einem ehemaligen Tesla-Manager. Mit ABB steht ein technologischer und finanzieller Riese an der Seite von Northvolt AB.

Auch in Deutschland Giga-Fab für Zellen und Batterien geplant

Noch nicht so weit wie die Schweden ist TerraE. Aber auch die Deutschen haben Großes vor. Sie wollen sich an die Großproduktion von Lithium-Ionen-Zellen wagen. Ein Geschäftszweig, den es in Deutschland seit letztem Jahr nicht mehr gibt. Gründungsgesellschafter von TerraE sind der Hersteller von Batteriemodulen BMZ, Ulrich Ehmes, ehemals Geschäftsführer des Speicherherstellers Lechlanché sowie Holger Gritzka von Thyssen Krupp System Engineering.

Für 2028 ist eine Jahresproduktion von Batteriezellen mit einer Speicherkapazität von 34 Mio. kWh avisiert. Die Rolle von TerraE wird die eines Zulieferers für andere Batteriehersteller. Auch bei den Zellen bringt die Skalierung den entscheidenden Vorteil: Die zentrale Fertigung von unterschiedlichen Zellformaten soll die Volumina in der Produktion bringen, die die Wettbewerbsfähigkeit mit den Konkurrenten aus Asien herstellt.

TerraE ist entstanden aus einer Initiative des Kompetenz-Netzwerks Lithium-Ionen-Batterien. Beteiligt waren einige Champions der deutschen Industrie: Kuka, ThyssenKrupp, Manz, Siemens, BASF, Wacker, UmiCore sowie zahlreiche deutsche Hochschulen und Forschungseinrichtungen.

Polen und Ungarn liegen zeitlich vorn

Schneller auf dem europäischen Markt werden Samsung SDI und LG Chem sein. Samsung baut ein bestehendes Werk in Ungarn auf die Zell-Fertigung um. LG Chem errichtet derzeit in Breslau (Polen) ein neues Werk. Bereits in einem Jahr werden diese Fabriken mit einer Fertigungskapazität von 15 GWh in Polen und knapp 10 GWh in Ungarn laufen.

Batterien aus Sachsen von Accumotive
Grundsteinlegung bei ACCUMOTIVE in Kamenz: Bundeskanzlerin Angela Merkel u.a. mit dem Ministerpräsidenten des Freistaats und Daimler-Chef Zetsche. Foto: Accumotive

Gebaut wird auch in Kamenz, Sachsen. Die Bundeskanzlerin persönlich legte im Mai den Grundstein für die Batteriefabrik der Daimler-Tochter Accumotive. Mit einer Investition von 500 Millionen Euro wird die Produktion im globalen Vergleich eher klein ausfallen. Accumotive wird hier sowohl stationäre Speicher als Batterien für die eigenen Pkws bauen. Bis 2020 soll die Zahl der Mitarbeiter von derzeit 350 auf 700 wachsen.

Ankündigungen gibt es von allen großen Herstellern

Schneller als schnell. Daran arbeitet derzeit Toshiba. Der neue Akku mit Namen „Super Charge Ion Battery“ (SCIB) soll binnen von sechs Minuten für eine Reichweite von 320 km aufgeladen werden können. Der Akku von 50 Ah soll nach über 5000 Ladezyklen noch gut 90 Prozent seiner ursprünglichen Kapazität haben. Die Serienfertigung ist für 2019 geplant.

Einen anderen Weg geht der Autoriese Toyota. Die Japaner arbeiten an einer Festkörper-Batterie mit größerer Reichweite. Der Abschied vom Lithium-Ionen-Akku? Beim so genannten Solid State-Akku wird der Elektrolyt aus festem Material wie z.B. Glas-Keramik gefertigt. Vorteile sind eine höhere Energiedichte auf, mehr Ladezyklen und eine geringere Entzündbarkeit. Toyota hat die Markteinführung ab 2020 angekündigt.

600 Kilometer Reichweite: Das gibt BMW für ein Fahrzeug an, das zurzeit nur als Prototyp besichtigt werden kann. Im Entwicklungszentrum von BMW ist man jedoch optimistisch: „Wir haben Ende 2016 den Durchbruch geschafft mit einer neuen Zelltechnologie, die ab 2021 verfügbar ist.“

1.600 Kilometer mit einer Akku-Ladung

600 Kilometer sind nicht das Ende der Fahnenstange. Das bewies ein umgebauter Oldtimer. Ein BMW aus der 5er Reihe schaffte 1.600 Kilometer am Stück mit nur einer Akkuladung. Der IT-Unternehmer Eric Lundgren aus Kalifornien baute das ausrangierte Fahrzeug, das er für 500 Dollar erwarb, mit Recyling-Komponenten auf E-Antriebstechnik um. Insgesamt verbaute er 18.650 Lithium-Ionen-Batteriezellen zu einem 130 kWh großen Akku. Der Wettbewerb orientiert sich nicht an der Praxis auf der Straße. Auf der Teststrecke wurde gezeigt, was derzeit technisch möglich ist.

Batterien sind auch ein ganz großes Thema in der europäischen Industrie- und Wirtschaftspolitik. Die EU-Kommission erwägt, durch massive finanzielle Hilfe den Aufbau einer europäischen Zell- und Batterieherstellung zu unterstützen. Wir haben das zum Thema unserer aktuellen Umfrage gemacht: Soll die EU den Aufbau einer europäischen Akkuproduktion für Elektroautos fördern?

Haben wir bei unserer Recherche etwas übersehen? Helfen Sie uns (und den Lesern) durch Ihre Hinweise. Per Mail oder gerne auch via Link in den Kommentaren. Herzlichen Dank.

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  1. Georg Nußbaum

    vor 3 Jahren

    Mich interessiert die Frage, wieviel Windräder müssen die Energie erzeugen, damit sie dem derzeitigen Verbrauch von Benzin und Diesel entspricht. Oder, wie groß ist die Fläche der Sonnenkollektoren.. ???

  2. Hubertus Grass

    vor 3 Jahren

    Der Straßenverkehr verbraucht derzeit ca. 600 TWh/Jahr. Würde man den komplett elektrisch abwickeln, müssten ca. 120 TWh bereit gestellt werden. Die Verringerung ergibt sich daraus, dass der elektrische Antrieb mehr, 5-fach effizienter ist als der Verbrennungsmotor, bei dem der größte Teil der Energie als Abwärme anfällt. Die derzeit installierte Leistung an Windkraft würde dazu ausreichen. Allerdings geht man davon aus, dass die derzeitige Dichte und Fahrleistung der Pkws erheblich reduziert werden kann. Anzumerken ist, dass die gesamte Energie für den Verkehr (Rohöl) derzeit importiert wird. Finanzieller Aufwand: 70 Mrd. Euro pro Jahr.

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  3. Emel Gerstner

    vor 4 Jahren

    Meine Frage ist, woher bekommen wir Lithium? Welches Land hat diese Ressourcen?

  4. Michael Kurtz

    vor 6 Jahren

    Sehr geehrter Herr Grass,

    wie interessant wäre es für die Autoindustrie Akkus mit dem vollen Volumen für den Energiebedarf zu nutzen? Meines Wissens werden im Akku ca. 5-10% Volumenanteile für "Brandbarrieren" eingebaut, würde dieses Potential auch als Energiespeicher genutzt könnten höhere Laufleistungen erreicht werden! Ich habe ein Brandschutz für Lithium-Ionen auf mineralischer Basis entwickelt, dieses Material würde das Akku von Außen schützen und freiwerdende Säuren und giftige Gase neutralisieren bzw. adsorbieren. Weitere Informationen auf www.Kurtz-Umwelt.de oder in einem persönlichem Gespräch.

  5. Vincze György

    vor 6 Jahren

    Hello , I m György Vincze Owner The Novaccu Ltd from Hungary
    Electric Vehicles 1000 km on a single charge .,
    I want to talk to ,Daimler WV, BMW CEO,Owner .
    Do you know someone ? Relationship to you ?,Can you help the connection ,
    - The Hungarian corporation, Novaccu Ltd has a system technology new material the next generation energy storage for Electric car
    ,
    .New material the next generation energy storage for Electric Energy .
    .Electric Vehicle 1000 km on a single charge

    The Hungarian corporation, Novaccu Ltd. Has a system technology for a new type of electrical energy storage battery commonly known as the “NOVACCU BATTERY”, , is suitable for the electrical supply electric cars. .Electric Vehicle 1000 km on a single charge
    New material the next generation energy storage for Electric car .
    Go Green Energy Storage
    New material the energy storage,“NOVACCU BATTERY” 750 Wh / Kg ,
    . New Technology. In The Future Investment In Europe .
    Which is suitable the electricity supply of the electric cars.,
    Fast recharge option: to upload to 100% it takes a few minutes
    It is suitable electrical energy storage . by the Solar- Wind- Water and Nuclear Power Industrial Quantities .
    N.O.V.A.C.C.U -S.W.N/.P.I.Q-
    http://www.prlog.org/12365306-mg-madison-phillipsinc-announ…

    Batteries, energy storage devices:
    Ni-Cd: 60 to 100 Wh / kg
    Ni-MH, 90 -120 Wh / kg

    Li-ion and polymer: 100 -180 - 280 .-Wh / kg. Tesla Battery for Electric Car

    No-Va, .680-770 Wh / kg Novaccu Battery for Electric Car

    The Novaccu Ltd. is the sole owner of the technology..

  6. Herbert Rainer

    vor 6 Jahren

    Wenn alle zu Hause laden sollen - wie soll das gehen? Private Stellplätze in Tiefgaragen mit Steckdose sind noch so gut wie nicht vorhanden. Werden auf der Straße bei jedem Parkplatz dann kleine Ladesäulen oder Steckdosen sein?
    Ich persönlich sehe eher alle 20 km eine Schnellladestation, so wie es heutzutage Tankstellen im Überfluss gibt. Die Schnellladestationen braucht man sowieso. Ich lade nur dort, zu Hause nur, wenn ich eine längere Reise unternehmen will und der Akku bei der Abfahrt (durch die noch geringe Reichweite) ganz voll sein soll.

  7. Stefan Werner

    vor 6 Jahren

    Das zu Hause Laden wird in fünf bis spätestens zehn Jahren kein Thema mehr sein weil es dann kaum noch neuen Privatbesitz geben wird. Durch das Aufkommen von autonom fahrenden Fahrzeugen wird nämlich der private Besitz eines Autos überflüssig werden und die dann jederzeit abrufbaren Fahrzeuge werden dann an zentralen Stellplätzen induktiv nachgeladen werden. Auch das Aufladen während der Fahrt oder an der Ampel wäre technisch bereits heute schon realisierbar. Tankstellen wie sie heute existieren werden dann immer weniger werden.

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  8. Hubertus Grass

    vor 6 Jahren

    Danke für den Kommentar. Das Thema "zu hause laden" hatte ich ausgespart. Richtig ist, dass es zur Zeit nur für Besitzer eines Eigenheims infrage kommt. Im Mietwohnungsbaus wird nach Lösungen gesucht. Eine große Herausforderung für die Infrastruktur und die Verteilnetzbetreiber. Wie hier eine befriedigende Antwort für alle aussehen könnte, steht meines Wissens noch in den Sternen.
    Lasse mich da auch gerne eines Besseren belehren.

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