Überproduktion von Energiewende-Ideen

Gastautor Portrait

Melanie Peschel

Tracemaker

Melanie Peschel schloss 2003 ihr Studium als M.A. in den Neueren deutschen Literaturwissenschaften sowie Kommunikationswissenschaften ab und absolvierte Weiterbildungen in den Bereichen Digital Leadership und Corporate Social Responsibility. Nach beruflichen Positionen als Etat Director, Strategic Planner sowie Niederlassungsleiterin in Multichannel-Agenturen gründete sie 2015 das Beratungsbüro Tracemaker, eine Strategie- und Kommunikationsberatung für die Themenfelder Energiewende, Wärmewende und Klimaschutz. Melanie Peschel setzt sich für die Bekanntmachung und Bildung im Kontext der UN-Nachhaltigkeitsziele ein und engagiert sich für Belange der digitalen Transformation mit Sinn. Mit ihrem Team ist sie für Ministerien, Kommunen, NGO und die Wirtschaft tätig. Darüber hinaus berät sie als Mentorin Frauen mit beruflichen Ambitionen im Bereich Nachhaltigkeit.

weiterlesen
10. Februar 2017

Die Behauptung, dass es möglicherweise mehr Ideen für die Energiewende gibt, als vielleicht benötigt, ist natürlich gewagt. Schließlich ist die Energiewende noch längst nicht in trockenen Tüchern und zahlreiche ungelöste Probleme sind zu bewältigen. Dennoch ist es legitim, zu fragen: Ist eine Schwemme an Ideen und Lösungsansätzen die bestmögliche Vorgehensweise, um ein komplexes, eng verzahntes System – das Energiesystem – weiterzuentwickeln und fit für die Erneuerbaren zu machen?

E-World 2017 – die Ideen- und Innovations-Messe

Foto_Ideen_Überproduktion
Stefan Thom von der Strom-DAO bei seinem Pitch im SmartTech Forum auf der E-World 2017.

Ein Besuch auf der E-World 2017 hinterlässt den Eindruck, dass ein immenses Potenzial an neuen Lösungen für die Energiewirtschaft und auch für die Energiewende existiert. Das ist an sich eine gute Nachricht. Insbesondere die sogenannten Side-Events namens „Smart Energy Forum“ und „Innovation Forum“ haben diesen Eindruck verstärkt. Auf unterschiedlichen Bereichen der Messehallen in Essen hat der Veranstalter für alle drei Messe- und Kongresstage vom 7. bis 9. Februar einer Reihe von Referenten die Möglichkeit eingeräumt, in einem zeitlich eng getakteten Programm ihre Projekte, Produkte und Lösungen in kurzen Pitches vorzustellen. Diese Foren gehörten dabei nicht zum hochpreisigen Kongressprogramm, sondern waren im Messe-Eintrittsticket inkludiert und somit dem kompletten Messepublikum zugänglich. Was steckt hinter diesem Konzept? Ist es eine Maßnahme, um eventuell nicht besetzte Standflächen auszugleichen mit Bühnen und Bestuhlung – oder ist es als Service zu betrachten, um die facettenreichen Aspekte der Energiewelt auf der E-World darzustellen? Fakt ist: Den Besuchern wurde es definitiv nicht langweilig– die Themenauswahl der Side-Events war groß genug, um allen Branchen-Vertretern relevante oder interessant erscheinende Info-Angebote zu unterbreiten. Herausfordernd dabei die Entscheidung, ob man sich lieber dem nächsten Innovations-Vortrag widmet, oder dem durchaus ebenfalls innovativen Smart-Energy-Referat, wie beispielsweise Neues von der Strom-DAO.

Ideen für die Energiewende konsolidieren

Zurück bleibt aber trotz aller Inputs, umfassenden Informationen und kompetenten Rednern ein großes Fragezeichen. Sind wir mit dieser „Dezentralisierung von Lösungsansätzen“ tatsächlich auf dem Weg zu einer Energiewende, die durch Zusammenarbeit interdisziplinärer Akteure bestmöglich umgesetzt wird? Oder besteht das Risiko, dass wir ein „Topfschlagen der besten Ideen“ vollziehen, und dabei mit einem blinden Auge unterwegs sind und nicht so recht einschätzen können, welche Ansätze am vielversprechendsten sind und fokussiert werden sollten? Was zu fehlen scheint, ist der Chief of Idea-Management für die Energiewende. Diesen Posten zu besetzen wird wohl nicht gelingen, da die Stelle nicht ausgeschrieben ist. Dennoch ist es wünschenswert, die vorhandenen Kräfte in naher Zukunft stärker zu bündeln und viele einzelne Akteure mit ähnlichen Zielen zu vernetzen und gemeinsam am großen Ganzen weiterarbeiten zu lassen. Die Energiewende bietet auch wirtschaftliche Chancen und neue Märkte, sodass neben Konkurrenzdenken auch Kooperationsdenken gefragt ist.

SINTEG – die Schaufenster der Energiewende als Verbundprojekte

Eine vielversprechende Kooperation zugunsten der Energiewende stellen die verschiedenen Schaufenster der intelligenten Energieversorgung, abgekürzt SINTEG, dar. In nahezu allen Regionen Deutschlands haben sich zahlreiche Partner aus Industrie und Forschung zu Verbundprojekten zusammengeschlossen, um – gefördert vom Bundeswirtschaftsministerium – gemeinsam die Energieversorgung der Zukunft zu erforschen und in den Live-Betrieb zu überführen. Die SINTEG-Projekte haben offiziell im Dezember vergangenen Jahres grünes Licht bekommen, darunter beispielsweise auch C/sells im „Solarbogen Süddeutschlands“, und werden in den nächsten vier Jahren zeigen, wie sich die Kooperation zahlreicher Partner in der Praxis realisiert. Schön wäre es, wenn auch darüber hinaus Unternehmer, Dienstleister, Softwareentwickler und viele weitere Akteure, die im Dienst der Energiewende stehen, nach Möglichkeiten zur Zusammenarbeit Ausschau halten und dies zum Erfolgsfaktor für künftige Geschäftsmodelle machen.

Diskutieren Sie mit

Ich akzeptiere die Kommentarrichtlinien sowie die Datenschutzbestimmungen* *Pflichtfelder

Artikel bewerten und teilen

Überproduktion von Energiewende-Ideen
4.6
5